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Ursachen des Übergewichts

Ursache der Adipositas ist ein Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch. Das Ergebnis ist eine positive Energiebilanz und bedeutet Gewichtszunahme und daraus resultierend Erkrankungen.

Die Adipositas kann verschiedene Ursachen haben:

Biographische Ursachen

  • Familiäre Disposition – Adipositas in der Familie
  • Krankheiten der Mutter
    • Übergewichtigkeit bzw. Adipositas 
      • Adipositas der Schwangeren geht mit einem vermehrten Wachstum des Feten einher; dieses war ab der 21. Schwangerschaftswoche nachweisbar und ging mit einem signifikant erhöhten Geburtsgewicht (100 g schwerer; Mittelwert 3.373 g versus 3.279 g) einher [6].
        Fazit: Möglicherweise führt eine fetale Programmierung des Feten zu einem Übergewicht im späteren Leben.
      • Kinder von übergewichtigen bzw. adipösen Mütter, die vaginal geboren wurden, sind im Alter von 3 Jahren dreimal häufiger übergewichtig (Odds Ratio von 3,07, 95-%-Konfidenzintervall:1,58-5,96); nach Sectio caesarea war das Risiko sogar mehr als fünffach erhöht (Odds Ratio 5,55; 2,55-12,04). Die Autoren konnten für die Art der Entbindung jeweils einen spezifischen Einfluss auf die Darmflora der Kinder nachweisen [7]. 
    • Diabetes mellitus Typ 1
      • Risiko für Übergewicht und Insulinresistenz ist bei Kindern von Müttern mit Typ-1-Diabetes signifikant erhöht [8].
  • Lebensalter 
    • Pubertät – weniger Kalorienverbrauch in Ruhe, als das zunehmende Wachstum erwarten lässt [5]
    • sowohl bei Männern und Frauen sowie bei Kindern und Jugendlichen steigt mit zunehmendem Alter der BMI (Body-Mass-Index/Körpermassen-Index) an
  • Sozio-kulturelle Umgebung – Menschen, die in einem Umfeld mit niedrigem Bildungsstand beziehungsweise niedrigem Sozialstatus aufgewachsen sind, weisen ein höheres Risiko für Adipositas auf. Unter diesen ist der Anteil von Kindern Jugendlichen aus Migrantenfamilien, vor allem bei denen, die aus der Türkei, Polen, Mittel- und Südeuropa stammen, höher.
  • Übergewicht bei der Geburt (Makrosomie: > 4.000 g) [3] → Verdopplung des Risikos, im späteren Leben übergewichtig zu werden
  • Kinder, die nicht gestillt wurden, weisen ebenfalls ein höheres Erkrankungsrisiko auf [1]
  • Hormonelle Faktoren – Gravidität (Schwangerschaft), Menopause (Wechseljahre)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Chronische Überernährung
      • hohe Kalorienzufuhr ↑↑
      • Fettreiche Ernährung (1 g Fett liefert 9,3 kcal); dadurch erfolgt eine Stimulation der Leptin- und Insulinsekretion. Diese hat zur Folge, dass die Beta-Rezeptoren anfangs zwar stimuliert werden, aber es dann zu einer Down-Regulation kommt, sodass die kompensatorische Aktivierung des Sympathikus – ein Energieverbrauch erhöhender Mechanismus – ausbleibt
        • hoher Anteil gesättigter Fettsäuren (↑)
        • hoher Anteil einfach ungesättigter Fettsäuren (↑)
        • hoher Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren ?
      • hoher Zuckerkonsum, insb. Mono- und Disaccharide (Einfach- und Mehrfachzucker), durch übermäßigen Konsum von Süßigkeiten und Süßgetränken; bei übermäßiger Zufuhr von Kohlenhydraten und Aminosäuren findet in der Leber eine Umwandlung in Fettsäuren statt. Die mit fettreicher Kost angebotenen Fettsäuren sowie die erhöhte Eigenproduktion von Fetten führen zu einer Ablagerung von Triglyceriden in den Leberzellen, die zu einer Steatosis hepatis (Fettleber) führen kann.
      • Hoher Kochsalzkonsum ?
      • Hohe Alkoholaufnahme (↑)
    • Zu geringer Anteil komplexer Kohlenhydrate
    • Ballaststoffarme Ernährung
    • Ständige Verfügbarkeit von Nahrung
    • Essverhalten (zu schnell essen; essen bis zum Völlegefühl)
    • Mangel an Mikronährstoffen und weiteren Stoffen* – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – Übermäßiger Alkoholkonsum (Gewichtszunahme durch Alkoholaddition; 1 g Alkohol liefert 7,1 kcal)
    • Tabak (Rauchen) – Raucher mit mehr als 20 Zigaretten täglich (starke Raucher) weisen sowohl ein höheres Körpergewicht wie auch BMI signifikant über den Durchschnittswerten der Nichtraucher auf [4]
  • Körperliche Aktivität
    • Bewegungsmangel (vermehrt sitzende Tätigkeit) – es resultiert ein reduzierter Grundumsatz
      Bei gleichem Essverhalten entsteht eine positive Energiebilanz (= Gewichtszunahme), beispielsweise Immobilisation nach Operationen etc.
  • Psycho-soziale Situation
    • Seelische Gründe wie Frustration und Langeweile
    • Stress – die Großhirnrinde sendet unter Stress verstärkt Signale an die Amygdala und den Hippocampus. Beide Areale aktivieren den Hypothalamus, der die vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen wie beispielsweise Cortisol anregt. Diese lenken Glucose zum Gehirn und die Glucoseaufnahme im Körper wird gehemmt. Bei gestörter Informationsverarbeitung fordert das Gehirn so permanent Energie, mit der Folge eines Ungleichgewichts zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch. Das Ergebnis ist eine positive Energiebilanz und bedeutet Gewichtszunahme.
      Achtung! Die vermehrte Glucocorticoidausschüttung führt vorrangig zur Bildung des viszeralen Fettes (Bauchfett).
    • Bei Kindern zeigten sich weiterhin übermäßiges Fernsehen und Videospielen sowie Schlafmangel als weitere Ursachen [1]
  • Schlafdauer
    • Schlafdauer < 5 Stunden [2]
    • Schlafmangel bei Frauen [2]: Frauen mit fünf Stunden Schlaf hatten 1,1 kg und die mit sechs Stunden 0,7 kg mehr als die Vergleichsgruppe mit sieben Stunden. Insofern vermuten die Autoren, dass Schlafmangel den Grundumsatz senkt, indem er den Tag-Nacht-Rhythmus stört und damit auch den Glucose- und Hormonstoffwechsel.
    • Zu wenig Schlaf (< 6 Stunden) beeinträchtigt nicht nur den Stoffwechsel des Insulins, sondern auch den des Leptins – ein Sättigungshormon –, wodurch sich ebenfalls das Risiko für Übergewicht bzw. Adipositas erhöht [9].
  • Schwangerschaft

Krankheitsbedingte Ursachen sind nicht Bestandteil dieser Aufstellung!

Test – Bin ich übergewichtig?

*Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente) sowie weitere Stoffe mit ernährungsspezifischer und physiologischer Wirkung

Literatur

  1. Chaput JP, Brunet M, Tremblay A: Relationship between short sleeping hours and childhood overweight/obesity: results from the ́Quebec en Formé. Int J Obes (Lond). 2006 Mar 14; Project.
  2. Patel SR, Malhotra A, White DP, Gottlieb DJ, Hu FB: Association between reduced sleep and weight gain in women. Am J Epidemiol. 2006 Nov 15;164(10):947-54
  3. Schellong K, Schulz S, Harder T, Plagemann A: Birth Weight and Long-Term Overweight Risk: Systematic Review and a Meta-Analysis Including 643,902 Persons from 66 Studies and 26 Countries Globally. In: Plos One, Volume 7, Issue 10, October 2012. doi: 10.1371/journal.pone.0047776.t001.
  4. De Oliveira Fontes Gasperin L et al.: Cross-sectional association between cigarette smoking and abdominal obesity among Austrian bank employees. BMJ Open 2014; 4: e004899
  5. Mostazir M et al.: Evidence for energy conservation during pubertal growth A 10-year longitudinal study (EarlyBird 71). International Journal of Obesity (8 September 2016) | doi:10.1038/ijo.2016.158
  6. Zhang CZ et al.: Association of Maternal Obesity With Longitudinal Ultrasonographic Measures of Fetal Growth Findings From the NICHD Fetal Growth Studies–Singletons. JAMA Pediatr. Published online November 13, 2017. doi:10.1001/jamapediatrics.2017.3785
  7. Tun HM et al.: Roles of Birth Mode and Infant Gut Microbiota in Intergenerational Transmission of Overweight and Obesity From Mother to Offspring. JAMA Pediatr. Published online February 19, 2018. doi:10.1001/jamapediatrics.2017.5535
  8. Pitchika A. et al.: Associations of maternal type 1 diabetes with childhood adiposity and metabolic health in the offspring: prospective cohort study. Diabetologia, 2018 Jul 14. doi: 10.1007/s00125-018-4688-x.
  9. Wang C, Bangdiwala SI, Rangarajan S, Lear SA, AlHabib KF, Mohan V, Teo K, Poirier P, Tse LA, Liu Z, Rosengren A, Kumar R, Lopez-Jaramillo P, Yusoff K, Monsef N, Krishnapillai V, Ismail N, Seron P, Dans AL, Kruger L, Yeates K, Leach L, Yusuf R, Orlandini A, Wolyniec M, Bahonar A, Mohan I, Khatib R, Temizhan A, Li W, Yusuf S: Association of estimated sleep duration and naps with mortality and cardiovascular events: a study of 116 632 people from 21 countries. Eur Heart J. 2018 Dec 5. doi: 10.1093/eurheartj/ehy695