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Daidzein gehört zur Gruppe der Isoflavone beziehungsweise Isoflavonoide, die zu den sekundären Pflanzenstoffen gerechnet werden. Dabei handelt es sich um Substanzen mit gesundheitsfördernder Wirkung, auch bezeichnet als "anutritive Inhaltsstoffe" bzw. "weitere Stoffe mit ernährungsspezifischer und physiologischer Wirkung" [8, 20].
Chemisch leitet sich Daidzein von den Polyphenolen ab und weist mit dem weiblichen Geschlechtshormon Östradiol strukturelle Ähnlichkeiten auf. Es besitzt damit die Fähigkeit, an spezielle Östrogenrezeptoren (ER) zu binden und diese für körpereigenes (endogenes) Östradiol zu blockieren.
Demnach entfaltet Daidzein bei erwachsenen Frauen vor der Menopause (prämenopausal) mit hohem Östrogenspiegel eine weniger starke Östrogene Wirkung. Anders verhält es sich im Kindesalter bis zur Pubertät und bei Frauen nach der Menopause (postmenopausal), bei denen der Östrogenspiegel erniedrigt ist. Hier entwickelt das Isoflavon eine stärkere östrogene Wirkung [1-3, 8, 10, 18, 20]. Daidzein wird aus diesem Grund auch als Phytoöstrogen bezeichnet.
Die hormonelle Aktivität ist jedoch im Vergleich zu der des im Säugetierorganismus gebildeten Östradiols um den Faktor 100 bis 1.000 geringer. Allerdings kann die Konzentration von Daidzein im Körper um ein Vielfaches über der des körpereigenen (endogenen) Hormons liegen [1-3, 8, 10, 12, 13, 18, 20].
Da Daidzein sowohl stärkere als auch weniger starke östrogene Wirkungen auslöst (induziert), wird es als sogenannter natürlicher Östrogenrezeptormodulator (SERM - Selective Estrogen Receptor Modulator) klassifiziert [20]. Zu den SERM zählt beispielsweise ein Medikament zur Behandlung von Osteoporose (Raloxifen). Die Wirkstoffe hemmen die Östrogenrezeptoren, die sich hauptsächlich in Brust, Gebärmutterschleimhaut (Endometrium), Eierstöcke (Ovarien) und im Hypothalamus, einem Abschnitt des Zwischenhirns, befinden.
Sie stimulieren zugleich die Östrogenrezeptoren in der Niere, dem Gehirn, Knochen, Herz, der Lunge, Darmschleimhaut (Darmmukosa), Prostata und in der zum Gefäßlumen hin gerichtete Zellen der innersten Wandschicht von Lymph- und Blutgefäßen (Endothel). SERMs wirken somit gewebespezifisch und zeigen beispielsweise am Knochen östrogenähnliche Wirkungen, zur Prävention von Knochenschwund (Osteoporose). Gleichzeitig werden die Östrogeneffekte in Brust und Gebärmutter (Uterus) gehemmt (antagonisiert). Es handelt sich um eine Hemmung des hormonassoziierten Zellwachstums [1, 2, 9, 16, 22, 23, 27].
Daidzein wird ausschließlich von Pflanzen, vor allem von tropischen Hülsenfrüchten (Leguminosen), hergestellt (synthetisiert). Den mengenmäßig (quantitativ) bedeutendsten Anteil an Daidzein enthält die Sojabohne mit 20-52 mg/100 g, gefolgt von Sojamilch mit 1-13 mg/100 g und Tofu mit 7-11 mg/100 g [3, 6, 11, 15, 18, 19, 24, 26].
Im pflanzlichen Organismus liegt das Isoflavon überwiegend an Glucose gebunden, auch bezeichnet als Glycosid, vor. Ungebunden, das heißt in freier Form ohne eine Zuckerbindung, als sogenanntes Aglycon liegt es nur zum geringen Teil vor. In fermentierten Sojaprodukten, wie Tempeh, Miso und Sojabohnenpaste, findet sich Daidzein hingegen vorrangig als Aglycon [8].
Über die Nahrung aufgenommenes freies und an Zucker gebundenes Daidzein (Glykosid) gelangen in den Dünndarm zur Aufnahme (Absorption). Während ungebundenes Daidzein über passive Transportprozesse (Diffusion) in die Zellen des Dünndarmepithels (Enterozyten) aufgenommen wird, wird das an Zukcer gebundene Daidzein zunächst durch Glucosemoleküle abspaltende Enzyme (Glycosidasen) an der Membran der Epithelzellen durch die Reaktion mit Wasser gespalten (hydrolysiert). Anschließend kann es als freies Daidzein passiv aufgenommen (resorbiert) werden.
Die Aufnahme (Absorption) von gebundenem Daidzein kann auch in intakter Form über einen aktiven Transportweg, den Natrium/Glucose-Cotransporter-1 (SGLT-1) erfolgen. Dieser schleust Glucose und Natriumionen mittels eines gleichgerichteten Transports (Symport) in die Zelle ein [8].
Die Verfügbarkeit von Daidzein im menschlichen Organismus liegt zwischen 13-35 % [8, 20]. Untersuchungen haben ergeben, dass die Aglykone schneller aufgenommen werden als die Glycosidverbidungen. Inwieweit die Gesamtverfügbarkeit von freiem und glycosidisch gebundenem Daidzein differiert, ist nicht abschließend geklärt [8]
Nicht absorbierte Aglycon- und Glycosidformen von Daidzein werden im Dickdarm (Colon) nach der Spaltung der Daidzein-Glycoside durch bakterielle Enzyme (beta-Glucosidasen), in geringem Umfang durch passiven Stofftransport (Diffusion) in die Schleimhautzellen (Mucosazellen) aufgenommen. Der überwiegende Teil an freiem Daidzein wird durch mikrobielle Enzyme in alternative Formen umgewandelt und schließlich resorbiert [3, 8].
Eine alternative Form ist beispielsweise das Equol. Dessen Bildung ist von der Zusammensetzung der Dickdarmflora abhängig und unterliegt starken individuellen Schwankungen. Welche Bakterienstämme für die Equolsynthese verantwortlich sind, ist bislang nicht eindeutig geklärt. In Diskussion stehen Streptokokken, Milchsäurebakterien (Laktobazillen) beziehungsweise Bifidobakterien.
Nur etwa 30-50 % der Menschen sind in der Lage, Equol aus Daidzein herzustellen. Dies ist von Bedeutung, da Equol eine hohe Bindungsaffinität an Östrogenrezeptoren. Dessen Aktivität entspricht etwa 50 % der von Östradiol [1-3, 5, 7, 8, 14, 20, 21, 22, 25]. Eine Therapie mit Antibiotika kann durch Beeinträchtigung der Dickdarmflora die Equolsynthese deutlich herabsetzen [17].
Aufgenommenes Daidzein und deren Stoffwechselprodukte (Metabolite) gelangen über die Pfortader zur Leber und werden von dort aus zu den Organen und Geweben transportiert [11].
Über die Verteilung und Speicherung von Daidzein im menschlichen Organismus gibt es bislang wenig Erkenntnisse. In Studien mit Ratten, denen radioaktiv markierte Isoflavone verabreicht wurden, konnte gezeigt werden, dass diese bevorzugt in Brustgewebe, Eierstöcken (Ovarien) und Gebärmutter (Uterus) bei weiblichen Tieren und in der Prostata bei männlichen Tieren eingelagert werden [8, 11]. In der Interventionsstudie von Bolca et al mit gesunden Frauen war nach Aufnahme von Sojamilch und Sojasupplementen eine Verteilung der Isoflavone im Fett- beziehungsweise Drüsengewebe der Brust von 40:60 feststellbar [4].
In den Geweben und Organen liegt Daidzein zu 50-90 % als Aglycon vor, der biologisch wirksamen Form. Im Blutplasma ist hingegen ein Aglycongehalt von nur 1-2 % nachweisbar [11].
Die Isoflavon-Plasmakonzentration im Blut beträgt bei einer durchschnittlichen Mischkost etwa 50 nmol, während diese mit einer Kost, die reich an Sojaprodukten ist, auf etwa 870 nmol steigen kann [8]. Die maximale Isoflavonkonzentration im Blutplasma konnte circa 6,5 Stunden nach der Aufnahme von Sojaprodukten erreicht werden. Nach 24 Stunden waren praktisch keine Spiegel mehr nachweisbar [20].
Um Daidzein in eine ausscheidbare Form zu überführen, wird es in der Leber umgewandelt [8, 11, 20]. Man unterscheidet dabei in zwei Phasen:
Die entstandenen Stoffwechselprodukte werden primär über die Nieren und in geringem Umfang über die Galle ausgeschieden [8]. Von der Galle abgesondertes (biliär sezerniertes) Daidzein wird im Dickdarm (Colon) durch die Enzyme der Darmflora verstoffwechselt (metabolisiert) und erneut aufgenommen (resorbiert). Damit unterliegt das Phytoöstrogen – ähnlich den körpereigenen (endogenen) Sexualhormone (Steroidhormon) – einem Leber-Darm Kreislauf (enterohepatisch) [8, 11].
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